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Replikat-Fahrzeug ist ein Neuwagen


Die Parteien stritten um die Rückabwicklung eines Replica-Kraftfahrzeugkaufes.


Am 08.08.2013 bestellte der Kläger bei dem Beklagten ein Kraftfahrzeug 356 Speedster Replica zum Preis von 38.265,00 €. Gemäß der Bestellung handelte es sich um ein gebrauchtes Fahrzeug mit der Erstzulassung 01.01.1975, der Kilometerstand wurde mit 250 km angegeben. Gemäß Ziffer VI. 1. der in den Vertrag einbezogenen AGB des Beklagten verjähren Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden. Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 06.03.2015 übergeben vom Kläger am 30.03.2015 zum Straßenverkehr zugelassen.


Am 22.06.2015 reklamierte der Kläger bei dem Beklagten erhebliche Motorenprobleme, Ölverlust, ein zu großes Radlagerspiel und Geräusche an der Tachowelle. Er verbrachte das Fahrzeug am 29.06.2015 in die Werkstatt des Beklagten, der u.a. den Motor auswechselte. Das Fahrzeug wurde am 06.08.2015 an den Kläger zurückgegeben.

Am 30.09.2016 stellte der Kläger Wassereintritt und weitere Mängel an dem Fahrzeug fest und zeigte diese am 24.10.2016 an, wobei er um Auswechslung des Motors bat, der bei einer Laufleistung von 2.779 km ausgefallen war. Am 11.11.2016 holte der Beklagte das Fahrzeug zur Mangelbehebung ab. Der Kläger erhielt das Fahrzeug am 06.05.2017 zurück.

Am 13.05.2017 stellte der Kläger bei einem Regenschauer eine erhebliche Undichtigkeit des Fahrzeuges fest.


Am 19.05.2017 erklärte der Kläger den Rücktritt von dem Kaufvertrag und begehrte die Rückabwicklung des Vertrages bis zum 31.05.2017. Dies lehnte der Beklagte ab. Am 27.06.2017 leitete der Kläger ein selbständiges Beweisverfahren ein, das durch Streitwertbeschluss vom 29.04.2019 endete. Dabei wurden gutachterlich erhebliche Mängel an der Karosserie und am Motor sowie an anderen technischen Anlagen festgestellt.


Der Kläger erhob am 15.04.2019 Klage vor dem Landgericht. Die festgestellten Fahrzeugmängel blieben in dem Verfahren unstreitig.

Das Landgericht hat den Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 38.265,00 € abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.131,37 € Zug um Zug gegen Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeuges verurteilt.


Danach ist der Kläger wirksam von dem streitgegenständlichen Kaufvertrag zurückgetreten, da das Fahrzeug mangelhaft war. Es wies nicht die Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und von dem Kläger erwartet werden konnte. Zwar hat das Gericht berücksichtigt, dass es sich um den Nachbau eines historischen Fahrzeuges handelte und somit nicht erwartet werden konnte, dass sich das Fahrzeug in einem dem heutigen Stand der Technik vergleichbaren Zustand befand, jedoch muss auch bei einem solchen Fahrzeug weder hingenommen werden, dass der Motor mit einer Laufleistung von 4.600 km an verschiedenen Stellen Öl verliert, noch dass keinerlei Dichtungen um die Türen bzw. die Türscheiben eingebaut wurden. Diese Mängel waren auf eine mangelnde Arbeitsleistung des Beklagten zurückzuführen und lagen bereits bei Gefahrübergang vor. Dem Beklagten war die Beseitigung der Mängel im Rahmen der verschiedenen Nachbesserungsversuche nicht gelungen; die Nachbesserung war somit fehlgeschlagen. Weitere Nachbesserungsversuche waren dem Kläger nicht zumutbar.


Die Höhe der zu berücksichtigenden Nutzungsentschädigung berechnete sich nach der sogenannten linearen Berechnungsmethode und betrugt 1.131,37 € (Bruttokaufpreis (= 38.265,00 €) x gefahrene Kilometer (4.435 km) / erwartete Gesamtlaufleistung (150.000 km)).


Der Anspruch des Klägers war nicht verjährt. Die Beschränkung der Verjährungsfrist auf 1 Jahr ab Ablieferung des Fahrzeuges an den Käufer gemäß Ziffer VI. 1. der AGB des Beklagten war unwirksam. Es handelte sich vorliegend um ein Neufahrzeug. Ob ein Fahrzeug neu oder gebraucht ist, ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen und jedenfalls bei einem Verbrauchsgüterkauf der Parteivereinbarung entzogen. Nach der Verkehrsauffassung steht bei Kraftfahrzeugen die Benutzung im Straßenverkehr ganz im Vordergrund, wenn es um die Qualifizierung „neu oder gebraucht“ geht. Ohne Inbetriebnahme im normalen Verkehr ist ein Gebrauchtsein bei dem gebotenen objektiven Maßstab mithin zu verneinen. Vorliegend handelte es sich um einen Nachbau (Replica) des Porsche 356 Speedster. Auf Basis eines gekürzten Chassis eines VW Käfer wurde eine in Handarbeit gefertigte glasfaserverstärkte Kunststoff-Karosserie aufgebaut und ein Motor eingesetzt. Zwar handelt es sich bei dem Chassis um ein Fahrzeugteil, das bereits Verwendung gefunden hatte, jedoch wurde mit dem Aufsetzen der Karosserie und dem Einsetzen eines neuen Motors eine neues Fahrzeug geschaffen, das in dieser Form erst von dem Kläger im Straßenverkehr in Betrieb genommen wurde. Trotz der Bezeichnung des Fahrzeuges als gebraucht in der Bestellung ist das Fahrzeug deshalb als Neufahrzeug zu qualifizieren.


Gemäß § 476 Abs.2 BGB darf die Verjährungsfrist von 2 Jahren deshalb nicht unterschritten werden. Aufgrund der Unwirksamkeit der Verjährungsregelung in Ziffer VI. 1. der AGB des Beklagten greift die gesetzliche Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Ziff. 3, Abs. 2 BGB von 2 Jahren ab Ablieferung des Fahrzeuges.


Quelle: Urteil LG Hanau vom 30.08.2019 - 9 O 397/19




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